Das Wort zum Donnerstag

Das Wort zum Donnerstag

19.09.2024

Altersbeschwerden

Das sind Altersbeschwerden, sagt mir die Mitarbeiterin im Foyer des Gemeindehauses, nach dem ich ihr den Grund für meinen Termin bei Physiotherapeutin Anna nannte. Nicht ermutigend, aber realistisch. Meist sind die Altersbeschwerden physischer Natur. Oft wird sich aber auch einfach lautstark im Alter beschwert – nicht nur über körperliche Beschwerden.

Verdient hat es das Alter nicht, dass es für Beschwerden aller Art herhalten muss. Die aufziehende Abendröte im letzten Drittel des Lebens will mit eigenen Vorzügen und Höhepunkten genossen werden: Alter schützt vor Torheit nicht, meint Goethe. Es besteht die Gefahr, dass der Lebensabend als minderwertig eingestuft wird. Denn: Mit dem Alter verbinden viele die Vorstellung von Schwäche, eingeschränkten Lebensmöglichkeiten und vergangenem Glanz. Das passt nicht zu den Idealen unserer Zeit: Schönheit, Gesundheit und Lebensentfaltung.

Alt werden ist das eine - alt sein das andere. Stellt sich die Frage: Wie kann ein Mensch mit Würde und Zufriedenheit alt werden? Graue Haare sind eine Krone der Ehre, schreibt König Salomo in seiner Sammlung tiefsinniger Gedanken (Die Bibel. Spr.20,29) und hatte damals keine Ahnung davon, wie viel Geld für Farbe ausgegeben wird, um diese Ehre nicht allzu sehr sichtbar werden zu lassen. Natürlich nur aus Gründen der Demut und Bescheidenheit. Im Alter wollen Menschen doch nicht wirklich jung aussehen, sondern glücklich, oder?

Verlängern lässt sich das Leben nicht. Auch nicht verbreitern. Nur vertiefen. Dazu gehört, Macht und Besitz im Alter loszulassen – ohne Beschwerde. Beides ist oft wie eine Maske oder Fassade. Man kann sich gut dahinter verstecken. Spätestens jetzt gilt es jedoch ehrlich zu werden – mit sich selbst und mit anderen versöhnt zu sein. Darum werden wir nicht müde; wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.   Das ist die zukunftsorientierte Aussage eines Paulus von Tarsus (2.Kor.4,6). Oft starben die Menschen sogenannten biblischen Alters alt und lebenssatt – nicht verbittert. Beschwerdefrei kann jemand sein, der nicht durch die dunkle Brille das Leben in der Welt sieht, sondern sich und diese Welt im Licht Gottes betrachtet.

Alter ohne Beschwerde? Undenkbar, oder? Wer nach dem Motto lebt je oller, desto doller, wird kaum beschwerdefrei unterwegs sein können. Beim Einbiegen in die Zielgerade gilt noch einmal die Frage: Wie kann mein Leben im Alter zum Segen für andere werden?

Ich will das Alter, wann immer es auch beginnen mag, nicht als Beschwerde oder innere und äußere Armut erleben, sondern als Zeit dazu, noch mehr zu mir selbst und zu Gott zu finden.

In dieser Begegnung kann ein Mensch sein Glück, Zufriedenheit, Hoffnung und die Zukunft entdecken. Beschwerdefrei.

Bleiben Sie gesund und behütet.

Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde

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