Das Wort zum Donnerstag

Das Wort zum Donnerstag

29.08.2024

Strom

Matthew ist ein guter Freund von mir. Er lebt im Hochland von Papua-Neuguinea. Irgendwo in einem abgelegenen Dorf hinter Mt. Hagen. Wir halten seit Jahren über die sozialen Medien den Kontakt. Er war einer meiner Schüler in der Zeit, als wir in Papua-Neuguinea lebten, und ist bis heute ein engagierter und begeisterter Musiker in seinem Dorf, fernab von jeglicher Infrastruktur. Manchmal sucht er bei mir Rat bei musikalischen Fragen.

an Strom kommen

Oft sendet er mir Bilder von seiner Bläsergruppe, einem selbstgebauten Schlagzeug, einer uralten Klarinette, die er gekauft hat, aber kein Mundstück dafür findet oder fragt nach einer Grifftabelle für ein Musikinstrument.

Gelegentlich telefonieren wir über WhatsApp und er erzählt mir von seiner Arbeit mit den Kindern im Kindergottesdienst. Über die Fotos spüre ich förmlich sein musikalisches Engagement in seinem Dorf. Gesang am Feuer in der Grashütte, es wird barfuß musiziert – und er hat immer ein Lächeln auf den Lippen.

Kürzlich sandte er mir dieses Bild. Es zeigt Matthew beim Laden seines Handys. Elektrischen Strom gibt es in seinem Dorf nicht. Dazu muss er einige Kilometer laufen, um dann gegen Cash sein Handy aufladen zu können – wie viele andere auch. Denn auch in Papua-Neuguinea brauchen Handys Strom, sonst funktionieren sie nicht und der Kontakt reißt ab.

In der westlichen Welt können wir für so viele Dinge unendlich dankbar sein. Haben wir den Wohlstand verdient? Dabei ist jammern und klagen auf hohem Niveau längst zur neuen Disziplin geworden. Viele gönnen der geflüchteten Familie in der Nachbarschaft nicht einmal den umgangssprachlich sogenannten Dreck unter den Fingernägeln.

Wir ziehen den Strom aus der Steckdose, schimpfen über hohe Strompreise, und haben vergessen, dass es ein Privileg ist, überall, rund um die Uhr, funktionierende Stromversorgung zu haben. Nicht nur für das Smartphone, auch für den Fernseher, die Wasch-, Kaffee- und Spülmaschine, den Staubsauger, das Auto, die unzähligen Lampen, für Tablet, Laptop und PC, die Mikrowelle, den Backofen, Kühlschrank, Bohrmaschine, Fön, uvm..

Diese Geräte hat Matthew alle nicht. Wie auch? Er hat keinen Strom dafür und Geld für den Kauf der Geräte schon gleich gar nicht.

Ich will dankbar sein, dass ich mein Smartphone zu Hause an der Steckdose aufladen kann. Oder im Zug. Oder im Auto. Ich will dankbar sein für die vielen Vorzüge, die das Leben leichter machen und eigentlich fortlaufend ein Lächeln auf meine Lippen zaubern müsste.

Bleiben Sie gesund und behütet.

Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde

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