Das Wort zum Donnerstag

Das Wort zum Donnerstag

14.03.2024

Mein alter Apfelbaum

Wer den Apfelbaum gepflanzt hat, weiß ich nicht. Vermutlich mein Großvater oder Großonkel. Ich genieße jedenfalls die Früchte. Nun fällt mir schon seit einigen Jahren auf, dass er zwar noch Früchte trägt, aber ziemlich angefressen ist. Zunächst in der Spitze, inzwischen auch am Stamm. Seine Früchte sind die ersten Äpfel, die im Garten reif und besonders süß sind.

Ganz alter Apfelbaum

Was tun? Den Apfelbaum fällen und verbrennen? Stehen lassen und abwarten? Stark zurückschneiden?

Der Baum ist alt geworden. Obwohl er die Kraft seiner Jugend verloren hat, schlägt er sich wacker gegen alle Angriffe des Alters. Teilweise sind Löcher im Stamm, durch die ich hindurchschauen kann, und trotzdem kommt irgendwie noch Saft in die Spitze und in die Äste. Der Baum trägt Früchte – auch im hohen Alter.

Der Baum wird mir zum Bild und ich frage mich: Bin ich im Alter nichts mehr wert? Ja, die Kräfte schwinden, es geht alles etwas langsamer – bin ich deshalb unbrauchbar geworden? Überflüssig? Gehöre ich zum alten Eisen? Hat das Alter einen Sinn? Anders gefragt: Ist der Lebensnachmittag und -abend nur ein ungeliebtes Anhängsel an den Morgen und Mittag des Lebens?

Der Sinn des Älterwerdens besteht nach dem Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung darin, das Abnehmen der körperlichen und geistigen Kräfte anzunehmen und den Blick nach innen zu wenden.

Das Alter ist nicht bloß ein Abbauen und Hinwelken (Hermann Hesse) sondern: hat seine eigenen Werte, Zauber, Weisheit, Trauer – und Ehrfurcht. Dazu will und muss ein JA gefunden werden. Annahme und Akzeptanz und vor allem weise werden: tiefer schauen, Zusammenhänge erkennen und den Blick Richtung Ewigkeit richten. Es geht darum, sich mit dem Sterben vertraut zu machen. Und um die Fähigkeit, spätestens jetzt das Leben für den Ewigen zu öffnen, für das Unvergängliche, das allen Wandel überdauert.

Alt werden gelingt nicht von allein. Alte bleiben jung, wenn sie auf Gott hoffen (Die Bibel. Ps.71). Dazu gehört auch: Versöhnung mit der Vergangenheit. Jung bleibt auch, wer sich fragt, wie im Alter noch Früchte wachsen können. Wo ist meine Lebenserfahrung gefragt? Wo meine Zeit und Hilfe? Und dazwischen die längeren Ruhepausen akzeptieren (!) und genießen.

Bleiben Sie gesund und behütet.

Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde

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