Das Wort zum Donnerstag

Das Wort zum Donnerstag

20.07.2023

Begreifen

Menschen können ein Glas Wasser greifen. Sie halten es fest und trinken daraus. Manch einer greift nach den Sternen und stellt fest: Es funktioniert nicht. Schon Kleinkinder greifen nach etwas, vielleicht sind es zunächst die Finger der anderen Hand und nach und nach wird nach allem gegriffen, was nicht niet- und nagelfest ist. Maria Montessori hält fest: Begreifen kommt von greifen. Das Kind begreift, indem es sich bewegt.

Umgekehrt geht es auch: Man kann von etwas ergriffen sein. Dann greife nicht ich, sondern etwas greift nach mir. Zum Beispiel ein Gemälde von Rembrandt oder die Schönheit der Natur. Die Musik im Konzertsaal war so ergreifend, dass die Tränen flossen.

Manches kann und muss man mit dem Verstand begreifen. Dann macht es vielleicht klick und der Groschen ist gefallen. Manch einer begreift etwas schnell, andere stehen auf der Leitung und begreifen gar nichts.

Und dann gibt es Dinge, die sind unbegreiflich. Unbegreiflich schön - zum Beispiel. Unbegreiflich ist aber auch, warum Menschen ihren Müll in den Wald werfen oder städtische Einrichtungen verunstalten. Unbegreiflich ist etwas, das alles Vergleichbare übersteigt.

Unbegreiflich ist auch Gott. Wir können ihn nicht ergreifen, im Sinne von festhalten. Wir können ihn auch nicht begreifen, weil nichts vergleichbar ist. Unbegreiflich in seiner Größe! Omnipräsent, allmächtig, allwissend – wer kann das begreifen oder fassen? Ich nicht.

Und weil er für uns unbegreiflich ist, offenbart er sich. In seinem Wort. In seinem Sohn Jesus Christus. Er ist ein gnädiger Gott – auch das ist unbegreiflich. Gott kommt mir nah. Ich bin ergriffen von ihm. Von seiner Güte und Freundlichkeit. Aber Gott kann auch unbegreiflich sein, wenn wir sein Handeln nicht verstehen und tief erschüttert sind darüber.

Wenn ich etwas im Griff habe, dann bin ich immer größer als das, was ich halte. Bei Gott ist das umgekehrt: Er hält mich. Davon bin ich ergriffen. Ich kann also Gott gar nicht begreifen, denn dann wäre Gott nicht mehr Gott. Gott ist souverän und deshalb lässt er sich nicht begreifen. Er will angebetet werden. Der Musiker Asaph spricht davon, dass er die Nähe Gottes sucht. Weil er angefochten ist über den Dingen, die er in dieser Welt beobachtet (Die Bibel. Ps. 73). Und in der Nähe Gottes zeigt ihm Gott die Welt aus der Ewigkeitsperspektive. Manches wird für ihn dadurch klarer.

Unbegreiflich und doch zum Greifen nah – so ist Gott. Wer sich zu Gott hinbewegt, der begreift mehr und mehr seine Größe und Nähe.

Bleiben Sie gesund und behütet.

Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde

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