Die Enkelkinder sind zu Besuch.
Um sie zu beschäftigen, hat die Oma Straßenmalkreide gekauft.
Das neue Spielzeug soll gleich ausprobiert werden und so gehen Opa und Enkelin vor die Tür.
Die Bitte, nicht direkt vor der Haustüre die Verbundsteine zu verschönern, wird noch gehört, aber der Rat, die Kreide nicht aus dem Eimer zu kippen, kommt zu spät.
Im hohen Bogen landen die dicken farbigen Kreidestück aus dem Eimer auf den Verbundsteinen und verdoppeln sich.
Das Enkelkind stört sich nicht daran: auch ein gebrochenes Kreidestück malt.
Und so entsteht ein Pünktchen-Pünktchen-Komma-Strich-fertig-ist-das-Mondgesicht
nach dem anderen.
Im hohen Bogen in die Ehe gestartet – und zerbrochen. Unterschiedliche Meinungen, missbrauchtes Vertrauen und eh man sich versieht, steht man vor den Brocken. Oder: mit Erwartungen und Schwung an eine neue Aufgabe gegangen – und gescheitert. Was nun? Ist zerbrochen gleich unbrauchbar? Nein. Auch zerbrochene Kreidestücke malen.
Manchmal kommen zum Zerbruch noch der erhobene Zeigefinger und das Getuschel hinter vorgehaltener Hand. Das schmerzt. Jetzt hat man nicht nur die Lebensstücke in der Hand, sondern muss sich auch noch erklären oder rechtfertigen. Dabei wäre ein offenes Ohr hilfreich. Anstelle von Ratschlägen wäre Liebe und Akzeptanz ermutigend. Ein erhobener Zeigefinger hilft keinem. Manchmal suchen Entmutigte vergeblich nach einem fürsorglichen Menschen in einer solchen Situation.
Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen!
(Die Bibel. Jes.42,3)
Von wem ist in diesem Bibelwort die Rede?
Ich bin so dankbar, dass Gott weder ermahnende Gesten zeigt noch den Menschen mit seinen zerbrochenen Lebensstücken allein lässt.
Nicht immer entspricht die Biografie dem Lebensentwurf.
Wo gibt es Hilfe und Ermutigung?
Wer trägt durch die Krise?
Wie gelingt der Neuanfang?
Wer kann die Resignierten aufrichten?
Gottes Sicht der Dinge: Auch zerbrochene Kreidestücke malen.
Gott geht auf die Zerbrochenen, Gebeugten und Geknickten zu. Auf Menschen, denen sonst niemand mehr eine Chance gibt, noch nicht einmal sie sich selbst. Gott löscht den glimmenden Docht nicht - im Gegenteil. Er entfacht neues Licht und Wärme und schaut, wie beides genährt werden kann. Und den Geknickten hilft er auf, sodass sie ihren Blick wieder zum Himmel heben können. Zu Gott. Und das macht er auch heute noch.
Nicht zuletzt durch seinen Heiligen Geist, der in uns Menschen Wohnung nehmen will. Das feiern wir an Pfingsten. Feiern Sie mit?
Bleiben Sie gesund und behütet.
Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde