Mit der Bahn fahre ich aus meinem Heimatort zurück nach Babenhausen.
Als der Zug in den Bahnhof in Gießen einfährt, erklingt eine Durchsage: Dieser Zug endet hier!
Laut Fahrplan sollte dieser Zug bis Hanau fahren.
Nun gut.
Alle Fahrgäste steigen aus.
Auf dem Bahnsteig von Gleis 4 ertönt die nächste Durchsage: Achtung an der Bahnsteigkante: der Zug nach Hanau fährt ein.
Und eh man sich versieht, stehen zwei Züge an der Bahnsteigkante von Gleis 4:
Konfrontativ stehen sie sich auf demselben Gleis gegenüber.
Die Fahrgäste wundern sich und steigen in den angekommenen Zug ein, nehmen Platz und hören die nächste Durchsage: Der Zug nach Hanau hat noch keinen Lokführer.
Komisch.
Es müssten doch zwei Lokführer da sein, denn es sind doch im Moment auch zwei Züge angekommen.
Stirnrunzeln ist angesagt.
Die Situation erinnert mich daran, wie ich unsere Welt aktuell erlebe: Die Züge
stehen sich gegenüber und es fehlen Lokführer
.
Wer hat das Zeug unsere Welt durch alle Meinungen und Ansichten, Krisen und Fragestellungen, Ernüchterungen und Chancen, so zu steuern, dass die Zukunft lebenswert wird oder bleibt?
Wer ist in der Lage Krisen zu meistern und zu einem guten Ende zu führen?
Manchmal erlebt man es hautnah: Wie zwei Lokomotiven stehen sich Menschen, Meinungen, Länder, Parteien oder Paare auf demselben Bahngleis
gegenüber.
Nur der Lokführer fehlt.
Die Passagiere
sind da, Bewegung soll in die Sache, aber es geht nicht vor und nicht zurück, weil es niemanden gibt, der einen Ausweg weiß.
Miteinander reden - das kann ein Anfang sein. Meist ist das miteinander reden blockiert, weil Vorbehalte und Verletzungen da sind. Lösungsansatz: Versuche zu verzeihen, denn alles, was du anderen nachträgst, hast du ganz allein zu schleppen.
Sich einen Ruck geben, den inneren Schweinehund überwinden, reden - und dann: gemeinsam handeln.
Klingt einfach, oder?
Weiß ja auch jeder.
Wird gerne als Tipp weitergegeben.
Aber wenn man selbst betroffen ist, dann sieht die Sache schon anders aus.
In der Realität ist es dann doch eher so, wie auf dem Bahnsteig: Dieser Zug endet hier.
Wo Schweigen herrscht, ist die Beziehung tot.
Wie kommt Bewegung in die Beziehung?
Vielleicht kennen Sie das EMMA*-Prinzip: Einer Muss Mal Anfangen. So lautet auch der Titel des gleichnamigen Buches von Susanne und Marcus Mockler.
Ein Versuch ist es wert. Vielleicht sind Sie der Lokführer
, der den Zug
wieder in Bewegung bringt.
Bleiben Sie gesund und behütet.
Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde