Das Wort zum Donnerstag

Das Wort zum Donnerstag

27.04.2023

Museumsdirektor

Unsere jüngste Tochter drückt für einige Wochen die Schulbank in den Vereinigten Staaten, um einen Ausbildungsgang als Teamleiterin zu absolvieren. Kurzentschlossen besuche ich sie in Montana für einige Tage, um Land und Leute kennenzulernen und am Wochenende eine intensive Vater-Tochter-Zeit mit ihr zu verbringen.

An einem regnerischen Wochentag besuche ich das örtliche historische Museum. Die Klinke von der Eingangstüre habe ich noch in der Hand, als mich die Dame, die die Eintrittskarten verkauft, fragt, ob ich der noch fehlende Museumsdirektor bin, auf den die angereisten Museumsdirektoren warten.

Lachend verneine ich und frage mich und sie, wie sie darauf kommt, dass ich ein Museumsdirektor sein könnte. Habe ich das passende Alter? Oder mache ich einen antiquiert-verstaubten Eindruck? Einige Jahre habe ich als Missionsdirektor gearbeitet, klingt ähnlich, war aber gänzlich etwas anderes.

Der Museumsdirektor geht mir noch nach. Gibt es Parallelen zum Pastor? Geschehnisse der Vergangenheit für die Gegenwart so aufbereiten und ausstellen, dass sie verständlich sind oder werden. Das wäre eine Definition, der ich zustimmen könnte. Keinesfalls möchten Pastoren und Kirche mit ihrer Botschaft von gestern sein. Im Gegenteil: Alltagstauglich, interaktiv, aktuell, der Zukunft und dem Leben zugewandt. Lebendig eben, keinesfalls ein Exponat vergangener Zeiten!

Im Austausch mit meiner Tochter kommen am Wochenende unterschiedliche Themen zur Sprache. Aus meiner Lebenserfahrung kann ich manches erzählen und ihr Tipps für ihr Leben geben – bin ich also doch ein Museumsdirektor? Vielleicht. Aus der (eigenen) Geschichte lernen und Fehler nicht wiederholen. Auch die Bibel bezieht sich immer wieder auf Personen aus der Vergangenheit und deren Umgang mit Gott. Aus deren und Gottes Verhalten werden wertvolle Lektionen für das Leben in der Gegenwart und Zukunft abgeleitet.

Der deutsch Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel beobachtet: Was die Erfahrung aber und die Geschichte lehren, ist dieses, dass Völker und Regierungen niemals etwas aus der Geschichte gelernt und nach Lehren, die aus derselben zu ziehen gewesen wären, gehandelt haben.

Nach weiterem Nachdenken muss ich sagen: der Titel Museumsdirektor gefällt mir immer besser. Ja, ich will aus der (biblischen) Geschichte Gottes mit seinen Menschen lernen und alltagsrelevant, mit anderen gemeinsam, das Leben gestalten. Das Wissen aus der Vergangenheit kann zum Vorteil werden. Sicherlich würde sich Hegel freuen, wenn er seine Beobachtung im Nachhinein korrigieren könnte – nicht nur im Blick auf Völker und Regierungen.

Bleiben Sie gesund und behütet.

Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde

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