Das Wort zum Donnerstag

Das Wort zum Donnerstag

19.01.2023

Familienzusammenführung

Was für ein langes Wort! 23 Buchstaben. Ja, manchmal dauert es lange bis sich Familienangehörige finden. Wahrscheinlich ist deshalb auch das Wort so lang. - Im Gemeindebüro klingelt das Telefon. Eine Person meldet sich und stellt sich vor als Tante Helga. Sie ist auf der Suche nach ihrem Neffen. Und Oma und Opa ihres Neffen, die Eltern von Tante Helga, sind auf der Suche nach ihrem Enkel. In kurzen Worten erklärt sie mir die Hintergründe und ist gespannt, ob ich die gesuchte Person kenne und ihr weiterhelfen kann. Und tatsächlich: ich kenne die gesuchte Person.

Zunächst bin ich unsicher, ob ich hier nicht einem Fake-Anruf auf den Leim gehe. So einfach, mir nichts dir nichts, will ich die Telefonnummer der gesuchten Person nicht rausrücken. Tante Helga gibt noch etwas mehr Einblick in die Familiengeschichte und teilt mit, dass die gesuchte Person inzwischen 38 Jahre alt ist und weder Tante Helga kennt, noch die Großeltern. Und umgekehrt kennt man sich auch nicht, hat sich noch nie gesehen. Immerhin weiß man voneinander. Ich rufe die gesuchte Person an. Sie kennt keine Tante Helga, wie auch, aber dass es irgendwo Großeltern geben muss, das liegt in der Natur der Sache. Die Möglichkeit der Kontaktaufnahme ist jetzt gegeben.

Was für eine spannende Lebensgeschichte! Wie viel Sehnsucht und Leidenschaft verbergen sich hinter dieser Suche. Wie viel Aufregung und Hoffen. Und jetzt: die ganz heiße Spur! So dicht waren sie noch nie dran. Mit viel Bangen bleibt abzuwarten, ob sich die gesuchte Person melden wird. Bei der Tante. Und bei Oma und Opa.

Und ich spüre den Schmerz dieser Familientragödie, dass alles so kam, wie es kam und so ist, wie es ist: 38 Jahre Sehnsucht nach Begegnung und Umarmung. Der Wunsch nach Versöhnung und die Hoffnung, vergangene Lebenszeit irgendwie nachzuholen. Sich endlich in die Augen schauen, die so oft Tränen vergossen haben.

Jeder kann eine solche Sehnsucht nachvollziehen. Und ich werde dankbar, dass meine Familiengeschichte anders verlaufen ist.

Einer, der auch eine leidenschaftliche Sehnsucht nach seinen Kindern hat, ist Gott. Nicht Gott ist schwer zu finden. Wir sind schwer zu finden. Abgelenkt. Busy. Mit den Gedanken irgendwo. Aber dann geschieht es. Ab und zu. Menschen lassen sich von Gott finden. Was für eine Begegnung, Freude und Herzlichkeit!

2023. Sich aufmachen zu dem, der uns sucht und auf uns wartet.

Bleiben Sie gesund und behütet.
Pastor Burkhard Heupel

Emmaus-Gemeinde

→ zum Archiv→ Home