Das Wort zum Donnerstag

Das Wort zum Donnerstag

11.08.2022

Wer drückt mich?

Nach dem Gottesdienst: Im Foyer im Gemeindezentrum drängen sich die Menschen. Es geht laut zu. Alle sind im Gespräch. Wollen erzählen und gehört werden. Während ich einzelne Gottesdienstbesucher an der Tür verabschiede, steht plötzlich vor mir ein Kind. Ich möchte gerne gedrückt werden, sagt es. Offensichtlich wurde es übersehen. Ich nehme es dort auf den Arm und drücke es. Genug gedrückt? frage ich. Nein, ist die Antwort. Noch ein Drücker, bevor es mit der Person, mit der es kam, nach Hause geht.

Am Mittagstisch erzähle ich davon. Unsere Tochter meint: Sie ist das eine Schaf, das Jesus sucht. 99 lässt er stehen. Das eine, das sich verirrt hat, das sucht er, nimmt es auf die Schultern und trägt es nach Hause. (Die Bibel. Lk. 15,4-7)

Gedrückt werden wollen. Manche Menschen nennen diesen Wunsch beim Namen. Andere wollen auch gedrückt, beachtet, gefunden, auf den Schultern getragen werden und machen irgendwie auf sich aufmerksam. Nicht immer werden sie wahrgenommen. Wer nimmt unsere Sehnsüchte wahr, die wir direkt oder indirekt äußern. Manchmal sind sie uns selbst nicht bewusst. Wie werden diese Sehnsüchte gestillt?

Es ist gut, wenn wir bei dem Guten Hirten unsere Sehnsüchte äußern und uns seine Wertschätzung schenken lassen. Er sucht das Verlorene und Verirrte. Aktiv. Ihm bin ich nicht egal. Das tut gut. Er übersieht keinen. In seiner Gegenwart genieße ich das Angekommen- und Angenommen-Sein. Wie wohltuend!

Zum Gemeindeleben gehört auch, dass wir den Blick und die Sensibilität haben, den gewünschten Drücker wahrzunehmen. Zuhören. Auch mal in den Arm nehmen. Vielleicht ein Taschentuch reichen für die Tränen. Ein Treffen unter der Woche vereinbaren. Stichwort: Nächstenliebe leben.

Vielleicht sagst du: Brauch ich nicht. Ich bin stark genug und bin nicht verloren gegangen und habe mich nicht verirrt, wie das einzelne Schaf. Glückwunsch! Aber vielleicht brauchen andere dich. Deinen Rat, deine Schulter, dein Ohr. Gemeinde und Gesellschaft haben Jesus zum Vorbild, wenn sie den Einzelnen im Blick haben.

Bleiben Sie gesund und behütet.

Ihr Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde

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