So lautete der erstaunte Ausruf eines Gemeindemitgliedes.
Mich hatte etwas zur Weißglut gebracht, der Kragen war geplatzt und das Fass übergelaufen.
Meine Reaktion entsprach offensichtlich nicht der Haltung, die das Gemeindemitglied von (s)einem Pastor erwartet hatte.
War mein Verhalten bis zu diesem Zeitpunkt etwa tadellos gewesen?
Wurde ich als lebender Heiliger
eingestuft?
Fehlerfrei?
Das vorbildhafte Benehmen war auf jeden Fall zu Ende, die polierte Oberfläche hatte Flecken bekommen und der Pastor war aus der Sicht des Gemeindemitgliedes auf irdischem Boden angekommen.
Fazit: der ist auch nicht besser als ich.
Ja, auch Pastoren sind (nur) Menschen.
Sie verbringen den Tag nicht nur mit Bibel lesen und Gebet.
Sie können auch mal ausrasten.
Wobei ausrasten
nicht im Sprachgebrauch eines Österreichers verstanden werden will: ausruhen, entspannen – also einer Rast.
Nein, ausrasten
im Sinne von: Die Selbstbeherrschung verlieren.
Pastoren können enttäuschen.
Kurz: Sie sind Sünder – wie alle anderen Menschen auch.
Nicht besser und nicht schlechter.
Ihr Leben entspricht nicht immer den eigenen Vorstellungen, schon gar nicht den Vorstellungen Gottes.
Trauriges Resultat: An Gottes Bodenpersonal ist schon manch einer verzweifelt und hat den Glauben an den Nagel gehangen.
Nun ja, Christen enttäuschen.
Christus nicht.
Auch die Bibel ist keine Werbeschrift, in der nur Menschen mit weißer Weste vorgestellt werden.
Adam, Eva, Abraham, Noah, Mose, David, Petrus und viele andere würden mit ihren Biografien fehlen.
Aber dass sie in der Bibel ihren Platz haben, das macht die Bibel realistisch.
Menschen wie du und ich kommen in ihr zu Wort.
Und sie haben es mit Gott und Gott hat es mit ihnen zu tun.
Jeder von ihnen begreift irgendwann: Gott, du liebst mich, obwohl du mich kennst.
Gewöhnlich machen Menschen in öffentlichen Gebäuden die Klotür hinter sich zu.
Jeder und jede hat etwas zu verbergen.
Gott können wir nicht hinters Licht führen.
Mein Leben liegt ausgebreitet vor ihm.
Er weiß mehr über mich als meine Frau und Google gemeinsam.
Trotzdem steht er zu mir.
Motivation genug in seiner Nähe zu bleiben.
Von seiner Akzeptanz zu leben.
Und bei ihm auszurasten
– im Verständnis der Österreicher.
Nur so bleibt auch ein Pastor ein Mensch.
Ein umgänglicher Mensch.
Bleiben Sie gesund und behütet.
Ihr Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde