Das Wort zum Donnerstag

Das Wort zum Donnerstag

17.03.2022

Die Hände falten

Sprach meine Mutter oder meine Oma vom Beten, dann benutzten sie diese Worte: Wir falten die Hände. Auch im Kindergottesdienst, vor 50 Jahren, war das der übliche Sprachgebrauch von Tante Rosine, wenn es darum ging, mit Gott zu reden: wir falten die Hände. Vermutlich sorgte diese Haltung der Hände für die nötige Ruhe in der großen zappeligen Gruppe und so prägte sich Haltung und Sprachgebrauch ein.

Die Hände falten, das fand ich als Jugendlicher eher kindisch. Cool war es, beim Beten eben nicht die Hände zu falten, sondern die Hände in die Hosentasche zu stecken, sie vor der Brust zu verschränken, aber auf keinen Fall die Hände zu falten. Mit Gott reden - so hieß fortan das Gespräch mit Gott. Wo die Hände während dessen blieben, das war unwichtig. Gefaltet wurden sie auf keinen Fall.

Irgendwann im Erwachsenenalter sprach ein väterlicher Freund davon, dass er für eine bestimmte Situation die Hände falten wollte. Hatte ich mich gerade verhört? Hände falten? Wir sind doch erwachsen – da wird gebetet, wenn überhaupt, aber man faltet doch in diesem Alter keine Hände mehr!

Nach dem sich die erste Verwunderung über diesen Sprachgebrauch gelegt hatte, musste ich schmunzeln. Die Hände falten. War das nicht gerade ein passender Ausdruck dafür, dass mit meinen Händen, meinem Tun, in einer bestimmten Situation, nichts mehr zu erreichen war? Waren die gefalteten Hände nicht Synonym für die eigene Hilflosigkeit? In diesem Augenblick alles loslassen und sich auf das Gespräch mit Gott konzentrieren. Von ihm Hilfe und Handeln erwarten.

Und brachte diese Haltung nicht auch eine Beziehung zum Ausdruck: als Kind komme ich mit meinem Anliegen vor den himmlischen Vater. Das eigene Zappeln mündet in die Erwartung, dass Gott eine Situation verändern kann.

Ob die Hände nun gefaltet werden oder beim Beten in den Hosentaschen stecken – die Haltung ist zweitrangig. Das Gebet ist Ausdruck meines Vertrauens in Gott. Ihm das Herz ausschütten. Ihm danken. Ihn um Veränderung bitten. Im Dialog mit ihm bleiben – darauf kommt es an. Und wenn die eigenen Worte fehlen: eine Liedstrophe oder einen Psalm zum Beten nehmen. Oder einfach in der Gegenwart Gottes verweilen und schweigen.

Bleiben Sie gesund und behütet.

Ihr Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde

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