Das Wort zum Donnerstag

Das Wort zum Donnerstag

10.02.2022

Es gibt kein Steuerrad

Beijing 2022. Die olympischen Winterspiele. Umstritten, was den Ort der Austragung angeht. Unumstritten die Spannung, die bei solchen Spielen herrscht: ich kann gar nicht hinsehen, wenn es in den finalen Läufen um die ersten Plätze geht. Mein Herz schlägt bis zum Hals vor Aufregung, egal, welche Nation oder welcher Sportler um den begehrten Platz auf dem Treppchen kämpft.

Einen Wettkampf schaue ich mir im Livestream an: Rennrodeln. Einsitzer, Frauen. Drei Läufe sind schon vorbei – gut für mich und meine Nerven. Der vierte Lauf beginnt. Spannend ist es. Das Herz schlägt schneller. Soll ich mir doch lieber ein Glas Wasser in der Küche holen und mir dann das Ergebnis sagen lassen – ich bleibe: Anna Berreiter, 22 Jahre, aus dem Berchtesgadener Land, sie hat die Chance eine Medaille zu gewinnen. Peter Grube, seit Jahrzehnten Moderator von Sportveranstaltungen, kommentiert:

Ein Vorsprung von einer halben Sekunde gegenüber Ivanova, da würde man sagen: Mensch, das muss man einfach nur halten, aber es gibt kein Steuerrad beim Rennrodeln. Man muss es sensibel über die Laufschienen bringen… wir drücken die Daumen...

Es gibt kein Steuerrad beim Rennrodeln. Im Leben gibt es das auch nicht. Wer kann etwas dafür, dass er in einem bestimmten Jahr, in einem bestimmten Land, von eben seinen Eltern gezeugt und geboren wurde? Wer kann etwas dafür, dass er oder sie im Wohlstand aufwuchs, beruflich alle Möglichkeiten hatte und Freiheit zum Reisen? Wer kann etwas dafür, dass er oder sie gesund geblieben ist und alt werden durfte? Das Leben hat kein Steuerrad.

Was nach Steuerrad aussieht und wo sich mancher Mensch stolz auf die Schulter klopft, ist bei näherem Hinsehen - Geschenk. Oft genug will das Leben sensibel über die Laufschienen gebracht werden: in der Erziehung und der Partnerschaft, im Alltag und Beruf, in der Trauer oder Krankheit, in den Herausforderungen des Lebens, die so unterschiedlich sind, wie die Menschen, die sie erleben.

Das Leben hat kein Steuerrad. Und was wir so fest in Händen halten, ist uns von Gott geliehen. Wir können es gestalten und verwalten und geben es zurück an ihn, so lautet das Fazit von Prof. Manfred Siebald. Ja, zugegeben, vieles lässt sich im Leben auch steuern. Und doch: Bei genauem Betrachten ist es so glatt wie die Rodelbahn in Beijing und ein Sturz, wie bei Rodlerin Julia Taubitz, ist nie ausgeschlossen.

Mit Daumen drücken kommt man oft auch nicht weit. Und wer Gott das Steuerrad des Lebens überlässt ist vor Stürzen auch nicht sicher. Trotzdem: ich wünsche Ihnen am Steuerrad Ihres Lebens, dass Sie bewahrt bleiben vor Unfall und Gefahr und gut am Ziel ankommen – mit oder ohne Medaille – vor allem ohne Sturz und allzu viel Aufregung! Dazu gebe Gott Gelingen und seinen Segen.

Bleiben Sie gesund und behütet.

Ihr Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde

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