Kürzlich begegnete mir irgendwo das Wort domestizieren
.
Ich schnappe es auf und erinnere mich an meine Schulzeit: Hasen, Hunde, Hühner und Kühe, Katzen, Kanarienvögel, etc., auch Pflanzen, kann der Mensch domestizieren.
Zähmen. So haben wir es in der Schule gelernt.
Manches Tier fristet inzwischen ein tristes Dasein in einem Käfig – eng genug, um gerade noch das zu tun, wozu es gehalten wird.
Politik, Landwirtschaft und Organisationen bemühen sich redlich, diesen Zustand zu ändern.
Ein langer Weg. Vor allem beim Verbraucher ist ein Umdenken gefragt.
Ob sich das Stichwort domestizieren
auch für ein Wort-zum-Donnerstag eignet?
Ich stelle mir persönlich die Frage: Habe ich in meinem Leben Gott domestiziert
?
Hat unsere Gesellschaft Gott domestiziert
?
Gott gezähmt? Eingesperrt? An die Kette gelegt?
An Weihnachten wird er hervorgeholt für ein paar kuschelige Stunden und das war’s dann für‘s Jahr.
Der domestizierte
Gott.
Bibel und Gesangbuch verstauben im Regal oder auf dem Dachboden. Kirche – ein Kulturgut.
Der domestizierte
Gott.
Vielleicht wird er noch gebraucht, um bei den Dingen zu helfen, die wir sowieso machen wollen;
ansonsten darf er uns mit tröstlichen religiösen Erfahrungen versorgen: am Traualtar und am Taufbecken.
Klar: das Bild hinkt.
Wir haben Gott nicht in der Hand, was wäre das für ein GOTT?
Wenn, dann hat er uns in seiner Hand und hält und trägt uns.
Und er lässt sich auch nicht einsperren oder an die Kette legen – aber er zwingt sich auch nicht auf.
Irgendwie lässt mich der Gedanke nicht los: Domestizieren.
Was würde sich in meinem Leben eigentlich ändern, wenn der lebendige Gott mehr Raum
bekäme.
Mehr Zeit und Zuwendung.
Was würde geschehen, wenn ich Gott wieder GOTT sein ließe im Leben?
Allerdings: Was oder wer müsste weichen, damit Gott mehr Raum bekäme im Leben?
Will ich das?
Wenn ja: Welche Auswirkungen hätte das?
Gott mehr Raum geben. Würde das unsere Gesellschaft verändern?
Würde sich etwas verändern hinsichtlich der Macht- und Finanzverhältnisse in dieser Welt?
Würde sich etwas bewegen hinsichtlich Ökonomie und Ökologie?
Welche spürbaren Folgen würde mehr Raum für Gott
in unseren Beziehungen bewirken?
Mehr Raum für den lebendigen Gott: das bliebe nicht ohne Wirkung für meine Sehnsüchte und meine Seele.
Am Sonntag feiern evangelische Christen Reformationstag.
Reform
steht dafür, dass überfällige Strukturen angepasst werden.
Gott mehr Raum geben.
Zunächst in meinem Herzen.
Das wird nicht ohne Folgen bleiben.
Ein gewagter Versuch.
ER ist es wert.
Bleiben Sie gesund und behütet.
Ihr Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde