Im Sommer fuhren meine Frau und ich mit Bekannten mit dem Fahrrad am Main entlang. Unbedingt wollten uns unsere Bekannten die Staustufe des Mains bei Kleinostheim zeigen. Natürlich wurde diese auch überquert, denn der Biergarten, der unser Ziel war, lag auf der anderen Seite des Mains. Staustufen. Sie sind ein Bild für mein Leben geworden. In meinem Lebensboot hin ich unterwegs. Von Staustufe zu Staustufe: Älter werden. Umzug. Berufswechsel. Vater werden. Schwiegervater werden. Opa werden. Veränderung in den Beziehungen. Herausforderungen in der Gesundheit und dem Wohlbefinden. Staustufen markieren diese Veränderungen auf der Wasserstraße des Lebens.
Die Staustufe wird durch eine Schleuse für mich überwindbar. Das Lebensboot wird befestigt. Nun liegt es ruhig da. Hinter mir schließt sich das Tor. Das Tor vor mir ist noch geschlossen. Ruhe. Etwas Unbehagen macht sich breit. Hoffentlich funktioniert die Schleuse und ich komme gut von einem Wasserspiegel auf den nächsten. Von einer Ebene auf die andere. Muffig riecht es. Dunkel ist es. Die hohen Seitenwände der Schleuse haben etwas Bedrohliches. Aber dann: Vor mir öffnet sich langsam die Schleuse. Der Moment des Unbehagens, der Einsamkeit, der Dunkelheit, weicht und ist in wenigen Minuten vorbei.
Vor mir liegt ein neuer Streckenabschnitt, der entdeckt werden will. Es wird hell. Grün ist wieder sichtbar. Langsam und ruhig fließt der Strom und trägt mich in die Zukunft. Links und rechts ist das Wasser vom Ufer begrenzt. Mit Herzklopfen erwarte ich, was sich hinter der nächsten Flussbiegung zeigen wird. Bin ich den neuen Herausforderungen gewachsen?
Meine Gedanken kehren zurück zur Wirklichkeit: Ich stehe auf der Brücke über der Schleuse. Von oben sieht das Ganze gar nicht so bedrohlich aus. Die Vogelperspektive überblickt den Fluss in einem längeren Abschnitt. Alles fließt gemächlich dahin.
Während ich auf der Brücke der Schleuse stehe und meinen Gedanken nachhänge, erinnere ich mich an Gottes Sicht: Er sieht die Lebensboote auch von oben. Er hat mich und alles im Blick. Auch die Staustufe. Auch das Neue, das unbekannt vor mir liegt. Gelassenheit ist geboten. Sich treiben lassen. Den neuen Lebensabschnitt aus seiner Hand nehmen. Und: Er ist nicht nur Zuschauer. Was mich bewegt, das bewegt auch Gott. Gut so. Das nimmt mir meine Unsicherheit und gibt Mut, das Neue zu entdecken.
Bleiben Sie gesund und behütet.
Ihr Pastor Burkhard Heupel
Ev. Emmaus-Gemeinde