29.10.2020

Lost

Das Online-Voting war klar: 48% haben sich bei der Suche nach dem Jugendwort des Jahres 2020 für Lost entschieden. Langenscheidt schreibt dazu: Das englische Wort lost wird heutzutage in der deutschen Jugendsprache in verschiedenen Situationen genutzt. Eine Person, die lost ist, ist ahnungslos, verloren oder hat einfach keinen Plan, was eigentlich gerade abgeht.

Vielleicht ist es der Sprachgebrauch der Jugend, Menschen in ihrem Verhalten, ihrer Situation oder Hilflosigkeit als lost zu bezeichnen. Zum ersten Mal habe ich aber den Eindruck, dass das Jugendwort des Jahres auch für andere Altersschichten zutrifft und ein Lebensgefühl vieler Generationen beschreibt.

Fühle ich mich Lost? Gleichzusetzen mit: Ahnungslos? Hilflos? Planlos? Manchmal. Warum fühlen sich Menschen Lost oder werden als Lost bezeichnet? Fehlt es an Halt, Sicherheit, Familie, sozialem Miteinander, Zielen und Grenzen? Lost, inmitten von einem Überangebot. Lost im Altenpflegeheim. Lost, welche Werte gelten? Lost, im Lockdown. Lost, umgeben von Unsicherheit. Lost, im Tempo und der Dynamik unserer Zeit?

Lost ist auch das Thema in manchen Filmen. Egal, ob Robinson Crusoe, Cast Away oder der Fernsehserie Lost. Meist verbunden mit einem Inseldasein und der Frage, wie komme ich von der Insel runter und nehme wieder am Leben teil. Lost – eigentlich gut, wenn ich in meinem Leben zu dieser Erkenntnis komme, denn dann kann die Veränderung beginnen: Das Jugendwort Lost bringt die Sehnsucht nach Geborgenheit und Sicherheit zum Ausdruck. Ich starte mit der Analyse: Wo ist meine Angst? Wo ist mein Problem? Dann der Fokus: Wer bin ich? Was habe ich? Wozu bin ich da? Zuletzt gehe ich der Frage nach: Was hält (mich)? Wer hält (mich)?

Wer diese Fragen beantwortet wird einen gewissen Halt finden. So, wie die Schraube im Dübel in der Wand ihren Halt findet. Interessanterweise thematisiert die Bibel das Lebensgefühl Lost schon seit über 2000 Jahren. Auch John Newton singt im bekannten Lied Amazing Grace von Lost:

Amazing Grace, how sweet the sound
That saved a wretch like me
I once was lost, but now I’m found
Was blind, but now I see.

Gottes großes Interesse ist es, den Menschen, der lost ist, zu finden. Und umgekehrt: Ich suche Gott, wenn ich den Halt verloren habe. Er gibt mir Sicherheit und innere Ruhe. Vielleicht legst du dir einen Dübel als Erinnerung auf die Fensterbank: Gott gibt Halt in unsicheren Zeiten.

Bleiben Sie gesund und behütet.

Ihr Pastor Burkhard Heupel
Ev. Emmaus-Gemeinde

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