Als Pastor bin ich unterwegs zu einem Hausbesuch. Anna N.
sitzt am Tisch und isst ein Stück Kuchen.
Sie ist bereits 92 Jahre. Ich frage sie, wie es ihr geht.
So gut wie mir geht es keinem!“, antwortet sie.
Ich staune. Ich schlucke. Mir verschlägt es die Sprache.
Eine solche Zufriedenheit habe ich bisher noch nicht erlebt oder gehört.
Ich will mehr wissen und hake noch einmal nach: Machen Sie mittags auch ein kleines Schläfchen? Oder können Sie dann nachts schlecht schlafen?
– Anna N.
antwortet: Ich lege mich um 20 Uhr ins Bett.
Dann lese ich noch in der Bibel.
Nachts werde ich wach und muss kurz auf die Toilette.
Dann lege ich mich wieder hin und schlafe bis um 8 Uhr
.
Höre ich sonst bei älteren Menschen oft etwas von gesundheitlichen Beschwerden und Schlaflosigkeit,
frage ich mich, ob diese tiefe So-gut-wie-mir-geht-es-keinem
-Zufriedenheit auch den ruhigen Schlaf zur Folge hat.
Anna
begegnet mir seit dem immer wieder.
Nicht real – sie ist längst in der Ewigkeit, bei Gott, mit dem sie zeitlebens unterwegs war.
Aber in Form dieses Erlebnisses begegnet sie mir: So gut wie mir geht es keinem
.
Das will ich auch sagen lernen.
Ich will es sagen und leben, weil es nicht nur für Anna gilt.
Und dann fügte sie bei diesem Hausbesuch noch an: Wissen Sie wer mit mir Geburtstag hat?
– Ich wusste es nicht.
Der Bundeskanzler
, sagt Anna.
Glauben Sie, dass es ihm so gut geht wie mir?
Nun, beurteilen konnte ich es nicht. Aber wahrscheinlich hat sie Recht. Ansehen und Annehmlichkeiten sind oft teuer und anstrengend. Verantwortung und manches andere kommt noch hinzu. Mag sein, dass diese Ziele auch angenehme Seiten haben.
Für Anna war klar: Um zufrieden zu sein, muss man nicht auf der Weltbühne stehen. Zu–frieden-heit hat auch etwas mit innerem Frieden zu sein. Frieden mit Gott. Diesen Frieden wünsche ich uns.
Bleiben Sie gesund und behütet.
Ihr Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde